Schwimmerin Eileen Weishaupt: „Im Wasser vergesse ich alles“

Schnell gleitet sie durchs Wasser. Ihre Bewegungen treiben sie vorwärts. Nach 25 Metern eine Wende. Pause nur nach Zeit.

Eileen Weishaupt ist Schwimmerin. Seit sie vier ist, ist sie kaum mehr vom Wasser zu trennen. Heute, mit zwölf Jahren, hat sie ihre erste Teilnahme bei den deutschen Jahrgangsmeisterschaften in Berlin hinter sich. Es hätte der Höhepunkt ihrer bisherigen Karriere werden können – dann kam Corona.

Unter den Augen ihres Trainers Leon Scharkowski schwimmt die Zwölfjährige aus Welzheim nach strengem Plan. „Eileen ist eine sehr engagierte und fleißige Sportlerin, die sogar auch im Urlaub ins Wasser geht“, erzählt der 24-Jährige am Beckenrand. Bahn für Bahn. Mit und ohne Hilfsmittel. Verschiedene Lagen. „Sie ist eine sehr vielseitige Schwimmerin“, erklärt Eileens Trainer. Strecke und Lagen, Eileen hat die Schwimmbegabung. Doch am liebsten mag sie Rückenschwimmen. Und längere Strecken. „Da geht der Kampf etwas länger, und zum Schluss gibt es einen richtigen Endspurt“, sagt sie.

Mit Schwimmkursen begann ihre Leidenschaft für den Sport. Mit acht Jahren wurde sie bei einer Talentsuche gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Alissa Weishaupt für den Leistungssport entdeckt. Täglich trainiert sie anderthalb bis zwei Stunden. Nicht nur im Wasser, auch an Land. Im vereinseigenen Fitnessstudio nämlich. „Im Schwimmtraining sind die Schwimmer 90 bis 120 Minuten im Wasser und legen zwischen 3,5 und 5,5 Kilometern zurück“, erklärt Scharkowski. Das macht 35 bis 40 Kilometer pro Woche.

400 bis 1000 Meter zum Aufwärmen, danach das Programm. „Heute machen wir eine entspanntere Trainingseinheit“, versichert der Trainer, während Eileen Bahn um Bahn schwimmt. „Ich bin der Meinung, wenn wir im Wettkampf schnell schwimmen wollen, müssen wir auch schnell trainieren“, sagt er. Trotzdem gebe es auch immer wieder ruhigere Trainingseinheiten – wie an diesem Tag.

Täglich steht nach der Schule und dem guten, kräftigenden Mittagessen das Training auf dem Programm, zu dem ihre Eltern Eileen und Alissa fahren. „Meine Eltern unterstützen uns da total“, sagt Eileen. Dankbar ist sie auch den Lehrern an ihrer Welzheimer Realschule. Denn die Wettkämpfe finden oft auch unter der Woche statt, da fehlt Eileen dann im Unterricht. „Solange meine Noten stimmen, geht das aus Sicht der Schule in Ordnung.“ Und die stimmten, versichert sie. Gehört dazu nicht eine Menge Disziplin und Durchhaltevermögen? „Ja, schon“, beginnt die Zwölfjährige. „Manchmal kann es etwas stressig sein. Doch das nehme ich gerne in Kauf. Denn sobald ich im Wasser schwimme, kann ich alles vergessen.“

Eine Motivation und Spaß an der Sache, die fürs leistungsorientierte Schwimmen unabdingbar sind, wie Scharkowski weiß: „Neben der körperlichen Eignung, wie der Körpergröße, Größe der Hände und Füße, langen Armen und Beweglichkeit, spielen Geduld, Spaß und Motivation eine wichtige Rolle. Denn Schwimmen ist ein zeitenbasierter und trainingsintensiver Sport.“

Fähigkeiten und Eigenschaften, die Eileen mitbringt. „Zudem hat sie eine gute Technik“, lobt der Trainer. Sicher müsse immer noch gefeilt werden, aber das seien Kleinigkeiten.

Arbeit, die sich stetig auszahlt: Bei den süddeutschen Meisterschaften gewann sie mit 5:27,72 min über 400 m Lagen den Titel. Auf 800 m Freistil wurde sie Fünfte. Bei den baden-württembergischen Meisterschaften Lange Strecken wurde sie über 400 m Lagen Dritte, bei den deutschen Mehrkampf-Meisterschaften wurde sie Achte und schließlich Erste bei den süddeutschen Jahrgangsmeisterschaften in 100 m Rücken und Dritte in 200 m Rücken. Erfolge, an die sie in Berlin bei den deutschen Jahrgangsmeisterschaften anknüpfen wollte.

Die 100 m Freistil schwamm sie noch, dann war Schluss. Ihren Wettkampf beendete Corona jäh. „Das kam zum blödesten Zeitpunkt. Das wäre der Höhepunkt für mich gewesen.“ Und das nicht nur, weil es Schwimmen auf bundesweitem Niveau ist. Sie kommt ins Schwärmen, als sie über die Berliner Stätte spricht. Groß und prächtig sei der Bau gewesen, das Schwimmen dort ein echtes Erlebnis. „Aber die nächste Chance kommt nächstes Jahr“, spricht sie sich selbst etwas Mut zu. Mut und Ehrgeiz beweist sie, als sie von ihrem großen Ziel spricht, der Europameisterschaft. Ist das ein realistisches Ziel der Zwölfjährigen? „Wieso nicht?“, stimmt Scharkowski zu. „Ich glaube, dass sie das schaffen kann. Eileen hat hervorragende Voraussetzungen, ist fleißig, trainiert sehr konzentriert.“ Die Vergangenheit habe gezeigt, dass es genug Schwimmer außerhalb der Leistungszentren gebe, die den Sprung auf die internationale Ebene geschafft hätten.

In diesem Training schwimmt sie weiter Bahn um Bahn. Verschiedene Lagen. Pause streng nach Zeit. Mit und ohne Hilfsmittel. Aber immer mit dem Ziel vor Augen, dass sie dieses Training vielleicht irgendwann zur Europameisterschaft bringt.

Veröffentlicht durch Schwellinger/Büttner in der Waiblinger Zeitung am 27.06.2022.